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Laub und Gehölze für die Pferdefütterung

Vor vielen, vielen Jahren…

…galt das Beernten von Bäumen und Sträuchern in vielen Regionen Mitteleuropas bis in die 1950ern als selbstverständlich. Besonders in Gebieten mit unzuverlässiger Heugewinnung war die Ergänzung der Groß- und Kleintierfütterung durch Laubheu ein wichtiges Thema. Das kommt daher, weil Bäume auf extreme Trockenheit oft erst im darauffolgenden Jahr reagieren, und weil sie durch ihre tiefe Wurzelung das Wasser erschließen können, an das Gräser und Kräuter in diesem Fall nicht herankommen.

Graslandschaft mit Büschen

Für die Beerntung selbst gab es im Großen und Ganzen zwei Möglichkeiten: Entweder wurde Wald oder verbuschtes Gebiet mit den Tieren beweidet, und oder es wurden sogenannte Schneitelbäume, Kopfbäume oder Stockausschlag regelmäßig beschnitten und dann für den Winter oder auch frisch verfüttert. Wird das Grasland mit Schneitelbäumen bepflanzt, kann neben Gras auch Laub geerntet werden. Durch diese händische Arbeit steigt der Ertrag auf der Fläche, weil der Raum eben auch in der Höhe genutzt wird (Luftwiesenwirtschaft). Für diesen Zweck wurden die zu beerntenden Gehölze als Kopfbäume erzogen um die Arbeit einfach vom Boden aus erledigen zu können. Oder die

Äste wurden so erzogen, dass sie bequem zu beklettern waren, um mehreren Ebenen ernten zu können. Zudem war es natürlich sinnvoll, die Pflanzabstände so zu wählen, dass noch genügend Licht auf das Gras durchschien.


Die Beweidung der Gehölze im Wald nahm irgendwann ein dermaßen großes Ausmaß an, dass die Gesundheit der Wälder bedroht war. So kam es, dass die Nutzung der Wälder für die Viehernährung bis heute verboten ist.


Hecken, Büsche und Sträucher hatten damals für unsere Vorfahren eine ungemein größere Bedeutung als heute: Reisig erzeugte die für das Brot backen wichtige hohe Hitze. Wacholder waren Räuchermaterial zur Haltbarmachung von Fleisch. Bäume und Äste brauchte man beim Hausbau sowie beim Zaunbau. Wildfrüchte wurden verarbeitet und gegessen. Es wurde Flechtmaterial benötigt. Lebende Heckenzäune hielten Tiere von Äckern fern. Im Herbst wurde Laub gerechnet als Einstreu für den Winter. Dadurch wurde auch die Mistqualität verbessert, was elementar für die Dreifelderwirtschaft war.


Kein Wunder also, dass Hecken, Sträucher und Bäume zum Landschaftsbild gehörten.

Durch den Einzug der Motoren und die Industrialisierung verlor die sogenannte Wiesenluftwirtschaft nicht nur an Wichtigkeit, sondern wurde für die maschinelle

Pferd im Wald

Bearbeitung sogar unpraktisch. Wir sind inzwischen so modern geworden, dass das, was nicht maschinell bearbeitbar ist, weniger Wert hat. Damit geriet viel an altem Wissen in Vergessenheit oder ging leider ganz verloren.


In früheren Zeiten, als man noch nicht auf fachkundige Veterinäre zurückgreifen konnte, wussten die Menschen oft genau, welche heilsame Pflanze dem Vieh bei welchen Problematiken helfen konnte.


Ist dein Pferd krank, schick es in den Wald!, sagten die alten Bauern früher.


Was interessiert mich was die Alten sagen, fragst du dich? Dann schauen wir mal weiter:


Wie ist das in freier Wildbahn?

Wildpferd in karger Umgebung

Für Wildpferde oder wild gehaltenen Pferden

steht ein abwechslungsreiches Nahrungsangebot zur Verfügung. Sie fressen Gräser, Kräuter und Laub, knabbern an Rinden und Moosen, zupfen

Blüten, Knospen, Zweige und Früchte und scharren nach Wurzeln, die in der jeweiligen Jahreszeit verfügbar sind. So gehaltene Pferde decken ihren Bedarf an Spurenelementen und Mineralstoffen eigenständig mit der selektiven Wahl ihres Futters.



Die Vorteile von Laub und Gehölzen in der Pferdefütterung…

  • Gehölz- und Laubfutter bietet eine willkommene Abwechslung im Speiseplan unserer Pferde.

  • Es geht aber nicht nur um die geschmackliche Besonderheit. Büsche, Sträucher und Bäume liefern wertvolle Mineralstoffe (zB Kalzium, Magnesium, Zink), Spurenelemente sowie sekundäre Inhaltsstoffe, die beispielsweise Endoparasiten hemmen.

  • Haltungen, die nicht ständig Heu zur freien Verfügung anbieten, können die Fresszeit mit Gehölzfutter verlängern.

  • Bis der Klimawandel nicht aufgehalten ist ;-), wird es womöglich auch für uns interessant, die Wetterkapriolen im Sommer und die damit verbundene schwierige Heuernte mit Laubfutter zu ergänzen.

  • Jede Pflanze hat mindestens eine Heilwirkung und kann damit den Organismus des Tieres unterstützen.

  • Nicht zu vergessen ist die Wirkung des Laubes für den Mistkompost. Weil sich Laub und Holz recht langsam zersetzen, geben sie die gebundenen Nährstoffe nur langsam frei und verleihen dem Boden damit eine langanhaltende stabilisierende Struktur.


Welche Gehölze sich für die Pferdefütterung eignen

Blick von unten in die Baumkrone

Früher wurden vor allem Esche, Ulme, Weide, Hainbuche, Hasel und Linde beerntet. Es eignen sich aber noch weitaus mehr Gehölze: Zitterpappel, Birke, Brombeere, Erle, Felsenbirne, Wildrosen, Hartriegel, Himbeere, Kornelkirsche, Schlehdorn, Sanddorn, Weißdorn und Wildbirne können unbesorgt angeboten werden.


Zusätzlich dazu gibt es noch weitere Gehölze, die mengenweise, teilweise oder zeitweise bedenklich oder giftig in der Pferdefütterung sind. Weiß man um die Umstände, die schädlich für das Pferd sein können, kann man darauf eingehen und den Nutzen der Pflanze trotzdem für das Pferd zugänglich machen. Die Dosis macht das Gift, und zugleich können kleine Mengen von derselben Pflanze eine förderliche Wirkung auf den Organismus haben.


Als Beispiel der Walnussbaum: Wirklich giftig ist an dieser Pflanze nur das Kernholz. Bedeutet: Vom lebenden Baum geht keine wirkliche Gefahr aus, es sei denn, das Pferd würde sich durch das Holz bis ins Innere des Stammes beißen.

Natürlich sollte aber geschnittenes Walnussbaumholz nicht in dem Bereich lagern, der für Pferde zugänglich ist. Gelangweilte Pferde nagen gern an Holz, und bei geschnittenem Holz kommt auch das Kernholz in Reichweite.

Was noch problematisch sein kann, sind die grünen Schalen der Nüsse im September und Oktober. Aber nur die Schalen, die von einem für Pferde und Menschen giftigen Pilz (Penicillium crustosum) befallen sind.

Die Vorteile des Walnussbaumes: Die Blätter haben eine entzündungshemmende und zusammenziehende Wirkung und können sowohl innerlich (bei Durchfall und Kotwasser) als auch äußerlich (bei Hauterkrankungen) angewendet werden.


Generell gibt es viel Unsicherheit bezüglich der Gefährlichkeit von Pflanzen. Dafür gibt es wohl verschiedene Gründe. Zum einen fehlt uns selbst die eigene Erfahrung mit den verschiedenen Pflanzen und genauso wird es wohl auch vielen unserer Pferde so gehen, die nicht täglichen Zugang zu naturnahen Bereichen haben.

Für Ungeübte passiert es schnell, Pflanzen zu verwechseln. (Wie man das ändern kann, schreibe ich weiter unten.) Die giftige Robinie wird beispielsweise mit der Akazie verwechselt, der giftige Sadebaum wird öfters mit dem wertvollen Wacholder verwechselt.


Was daran so schade ist, möchte ich anhand des Wacholders zeigen: Über viele Jahrhunderte war es üblich, an jedem Bauernhof und jedem Gestüt einen Wacholderbaum zu finden. Das Wirkungsfeld dieser Pflanze ist extrem vielseitig, dass es hier den Rahmen sprengen würde. Aber nur so viel: das keimtötende Öl des Wacholders hat die Eigenschaft, tief in den Organismus einzudringen und wirkt sich dadurch bei allen Gelenkleiden und tief sitzenden Krankheitsherden günstig aus. Zudem regt er den Stoffwechsel an und fördert die Ausscheidung von Giftstoffen.


An dieser Stelle möchte ich noch einige stark giftige Gehölze (!) für Pferde nennen, die auch in geringen Mengen für Pferde tödlich sein können: Eibe, Buchsbaum, Kirschlorbeer (Neophyt), Pfaffenhütchen, Robinie (Scheinakazie).


Aber wie weiß mein Pferd dann, was es braucht?! Und was schädlich ist??

Frisst ein Pferde wahllos Pflanzen in gefährlichen Mengen, so sind das verkümmerte oder untrainierte Sinne oder einfach ständiger Hunger durch rationierte Fütterung.

Jüngere Tiere lassen sich in ihrem Fressverhalten von erfahreneren Tieren inspirieren und kosten dann auch von ihnen unbekannten Pflanzen. Darauf hin erhält dieses Individuum ein Feedback seines Körpers (postingestives Feedback): Das, was das Tier nach der Aufnahme der Pflanze/ Pflanzenteil sensorisch wahrnimmt, wird quasi im inneren Speiseplan gespeichert, und das Pferd erinnert sich dann daran.

Das selektive Fressen kann aber nicht einfach auf das Erlernt reduziert werden, sondern es gibt Studien, die zeigen, dass die Fähigkeit zu Wählen und die Fähigkeit der Selbstmedikamentation angeboren sind.

Pferd nascht am Gehölz

Auch das Darmmikrobiom beeinflusst natürlich die Pflanzenwahl seines Wirtes. So wie bei uns auch: Essen wir häufig Süßes, füttern und fördern wir zugleich die Darmbakterien, die solches “Futter” lieben. Essen wir hingegen viel Gemüse, haben diese Bakterien in unserem Darm durch ihr “Lieblingsfutter” gute Wachstumschancen. Und über die Verbindung des Darmes mit dem Gehirn, rufen diese Bakterien nach ihrem Futter, und wir haben dann plötzlich Lust auf Süßes, oder verlangen nach Gemüse.:-)


Wenn du dich unsicher fühlst, was dein Pferd denn jetzt fressen darf oder nicht, empfehle ich dir, dich langsam an das Neue heranzutasten. Wenn du nicht sicher bist, was das überhaupt für eine Pflanze ist die dein Pferde gerade vernaschen will, oder ob diese Pflanze giftig ist oder nicht, finde ich eine Pflanzen App ziemlich sinnvoll. So kannst du Stück für Stück deine dich umgebende Flora entdecken und gewinnst damit an Sicherheit, was deinem Pferd gut tut. Wenn ihr dann soweit seid, dass ihr schon einige neue Pflanzen kennengelernt habt, kannst du deinem Pferd auch immer mehr vertrauen. Ihr könnt euch auf Kompromisse einigen. Zwei kleine Blätter von dem Efeu? So kann das körpereigene Feedback starten und die Wirkungen der Pflanze auf den Körper verknüpfen und abspeichern.



Anteil an Gehölze in der Futterration

Pferde können unbedenklich bis zu 10% ihres Futterbedarfs mit Laub- und Gehölzfutter decken.

Kleine Beispielrechnung: Ein 500kg Pferd braucht am Tag ungefähr 10 kg Heu. 10% davon wären 1 kg Laubfutter am Tag.

Zudem ist es natürlich sinnvoll, diese Menge langsam anzuheben, um die Verdauung nicht durcheinander zu bringen.



Inhaltsstoffe der Gehölze in der Pferdefütterung

Tabelle mit Daten der Inhaltsstoffe von Gehölzen

Hier habe ich noch eine seeehr interessante Tabelle angehängt. Die dazugehörigen Daten habe ich aus folgender Quelle: Gehölzfutter - eine neue Quelle für die ökologische Tierernährung Gerold Rahmann, Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft 2004


All diese Inhaltsstoffe sind bestens aufeinander abgestimmt und eingebettet in sinnvolle Verbindungen, und helfen bei der Aufnahme, um für die Verdauung der Pferde bestens verfügbar zu sein oder wieder ausgeschieden zu werden. Jede Fütterung mit Mineralstoffen unsererseits ist eindimensional. Wir füttern Elemente, die aus Pflanzen extrahiert oder synthetisch hergestellt sind, und vergessen dabei manchmal, dass es das jeweilige Pferd vielleicht besser einschätzen kann, was ihm in der individuellen Situation hilft und welches sich schadhaft verhält.



Wenn du noch weiterlesen möchtest: hier gehts zum Blogbeitrag Artenvielfalt in der Pferdehaltung.


Und auf meinem Instagram Account findest du weitere informative Snacks zum Thema natürliche Pferdehaltung! Schreibe mir gern unter einem Post was deinem Pferd gerade schmeckt, oder ob ihr euch noch gar nicht an die Sache ran traut. Ich freue mich über jeden Austausch.:-)

 
 
 

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